Technik, die begeistert (mit Auflösung)

Ich fahre keinen Opel. Dennoch darf ich diesen alten Slogan im Titel hübsch finden. Es soll hier auch nicht um Opel oder sonst irgendeine Marke gehen. Mein Thema heute ist automarkenübergreifend. Jedes Auto hat Räder, jedes Rad hat einen Reifen, und jedem Reifen kann es passieren, platt gefahren zu werden. Eine Hommage an das Autofahren mit Loch in Kenia.

Die Straßen in Nairobi sind stellenweise so schlecht, dass die Freude am Fahren (2) deutlich leidet. Schlaglöcher so breit und tief wie Kinderbadewannen und fordern die ganze Aufmerksamkeit. Wer dort einfach mal so zoom zoom (3) hineinrauscht, dem fehlt schnell ein Vorderrad.

Es gibt zwei Möglichkeiten, dem zu entgehen: Man könnten beim Fahren entweder mehr Sport wagen (4) und die Löcher mit Vollgas einfach überspringen – nur Fliegen ist schöner (5). Alternativ könnte man aus Liebe zum Automobil (6) auch langsam und Haken schlagend um jedes Schlagloch herumschleichen, eine Möglichkeit wofür sich hier die Mehrzahl der Autofahrer entscheidet.

Wie auch immer, Fahren in seiner schönsten Form (7) sieht anders aus. Irgendwann rächen sich die scharfen Kanten an den Löchern, die harten Bodenwellen, die spitzen Steine, die unter dem weggehobelten Straßenbelag hervorlugen oder die Glasscherben, Stahlteile, Schrauben oder Nägel, die in großen Mengen herumliegen.

Die Zukunft des Automobils (8) scheint hier vorgezeichnet zu sein. Früher oder später ist er platt, der Reifen, und dann läuft und läuft und läuft er (9) eben nicht mehr. So geschah es vor ein paar Tagen. Ich ging morgens um das Auto (10) herum und entdeckte, dass der linke hintere Reifen untenherum etwas zu bauchig aussah. Da war wohl ein neuer fällig.

Glücklicherweise war der Reifen noch nicht völlig platt, ich konnte also zur Werkstatt fahren, wenn auch dem Temperament auf vier Rädern (11) deutliche Grenzen gesetzt waren. Doch auch drei Räder helfen verdienen (12), und das kleine Wunder (13) geschah: Ich erreichte die Werkstatt ohne Probleme, deutete auf den halb platten Reifen und verlangte Ersatz.

Unsinn, entgegnete der kenianische Automechaniker, den flicke ich Dir. Reifenflicken kannte ich bis dahin nur vom Fahrradfahren. Am Auto war mir die Idee ein wenig unheimlich. Könnte ich nicht vielleicht doch einen neuen Reifen habe, fragte ich, da weiß man, was man hat (14). Doch der Mechaniker lehnte ab. Das sei verschwendetes Geld.

Zuerst dachte ich, ist mir egal, ich will das Beste oder nichts (15). Doch lenkte ich schließlich ein. Nichts ist umöglich (16), das hatte ich in Kenia schon gelernt. Während in Deutschland der bloße Gedanke an den TÜV die Reparatur verhindert hätte, galt in Kenia: open your mind (17) und lass frisches Denken für bessere Autos (18) zu.

Ich ließ den Mann also machen und wartete gespannt. Er nahm das Rad ab und tauchte es in Wasser, um das Loch zu finden. Das Blubbern verriet die Stelle, an der sich eine ziemlich dicke Schraube in den Reifen gebohrt hatte.

Der Mechaniker zog sie heraus und steckte stattdessen einen Schraubenzieher mit Öse hinein, den er vorher in Klebstoff getunkt hatte. Nach einer Weile zog er den Schraubenzieher wieder heraus und führte nun ein Plastikstäbchen mit der Aufschrift „Permacure“ in die Öse, und steckte beides zusammen wieder in den Reifen. Dann zog er den Schraubenzieher wieder heraus, schnitt das Plastik oben ab. Fertig. Die tun was (19), die Kenianer.

Das soll’s gewesen sein? Ich konnte es nicht glauben und war gespannt, ob er hält, was er verspricht (20). Er tunkt das Rad wieder ins Wasser. Donnerwetter, tadellos (21), da blubberte nichts mehr. Das war wirklich Vorsprung durch Technik (22). Hatte ich am Ende tatsächlich die richtige Entscheidung (23) getroffen?

Das kam auf den Preis an. Ich fragte, und er antwortete, 250 Kenya Shilling, etwa 2 Euro 50. Macht viel Freude, kost‘ nicht viel (24), dachte ich begeistert. Ich gab ihm ordentlich Trinkgeld, für besondere Leistungen (25). Dankbar sagte er zum Abschied: I am always there for you (26).

Ich bezahlte und fuhr davon. Nun war auch mein Auto wieder die First Lady unter den Automobilen (27). War das Fahrgefühl zuvor in den Kurven etwas wabbelig gewesen, fand ich nun, der fährt wie auf Schienen (28). Es war wieder ein Wagen, der Freude macht (29), mit dem man zur Not auch trotz Regen rollern (30) konnte. Willkommen zuhause (31), dachte ich. Die Reparatur war eine Klasse für sich (32), günstig und gut. Das war einfach überraschend. Überzeugend. Anders (33), als ich erwartet hatte.

Zwei Dinge sind es, die mich im Nachhinein beschäftigen. Erstens frage ich mich, wie lange die Reparatur halten wird, und wie sicher sie ist. Schließlich bietet mein Auto keine Sicherheit aus Schwedenstahl (34). Ich habe allerdings mit vielen Kenianern gesprochen, die mir alle bestätigten, dass das hierzulande immer so gemacht wird und der Reifen nun so gut wie neu sei.

Zweitens habe ich im Internet nach dieser Reparaturmethode recherchiert und mir die Bedienungsanleitung heruntergeladen. Im Prinzip scheint diese Permacure-Methode zu funktionieren und wird sogar unter den strengen Augen des TÜV in Deutschland verkauft. Nur hat der kenianische Mechaniker etwa die Hälfte der nötigen Arbeitsschritte weggelassen.

Nun ist mir doch ein bisschen mulmig. Schließlich sind Autos zum Leben (35) und nicht zum Sterben da. Ich will kein Risiko eingehen, jeder Kilometer soll ein sicheres Vergnügen sein. (36)

Aber vielleicht ist das die Lehre, die ich nicht nur aus dieser Episode, sondern aus dem ganzen Aufenthalt in Kenia ziehen sollte: Grab life by the horns (37). Vielleicht ist genau das der Punkt im Leben, wo die Freiheit beginnt. (38).

Es gibt mehr im Leben als Essen, Kleidung, Wohnen, Volkswagen (39). Don’t dream it. Drive it (40). Wir sollten jederzeit mit vollem Ernst sagen können: Leidenschaft ist unser Antrieb. (41) Das wäre ganz schön clever. (42)

Hier noch einmal alle der Reihe nach:

(1) Opel: Technik, die begeistert – (2) BMW: Aus Freude am Fahren – (3) Mazda: Zoom Zoom – (4) Mazda: Mehr Sport wagen – (5) Opel: Nur fliegen ist schöner – (6) Volkswagen: Aus Liebe zum Automobil – (7) Porsche: Fahren in seiner schönsten Form – (8) Mercedes-Benz: Die Zukunft des Automobils – (9) Volkswagen: Und läuft und läuft und läuft – (10) Volkswagen: Das Auto – (11) Seat: Temperament auf vier Räden – (12) Borgward: Drei Räder helfen verdienen – (13) DKW: Das kleine Wunder – (14) Volkswagen: Da weiß man, was man hat – (15) Mercedes-Benz: Das Beste oder nichts – (16) Toyota: Nichts ist unmöglich – (17) Smart: Open your mind – (18) Opel: Frisches Denken für bessere Autos – (19) Ford: Die tun was – (20) Wartburg: Er hält, was er verspricht – (21) Horch: Donnerwetter, tadellos – (22) Audi: Vorsprung durch Technik – (23) Goggomobil: Die richtige Entscheidung – (24) Goggomobil: Macht viel Freude, kost‘ nicht viel – (25) Ford: Für besondere Leistungen – (26) Hyundai: Always there for you – (27) Borgward: Die First Lady unter den Automobilen – (28) Opel: Fährt wie auf Schienen – (29) Ford: Ein Wagen, der Freude macht – (30) Messerschmitt: Trotz Regen rollern – (31) Mercedes-Benz: Willkommen zuhause – (32) Suzuki: Eine Klasse für sich – (33) Daihatsu: Überraschend. Überzeugend. Anders. – (34) Volvo: Sicherheit aus Schwedenstahl – (35) Renault: Autos zum Leben – (36) Audi: Jeder Kilometer ein sicheres Vergnügen – (37) Dodge: Grab life by the horns – (38) Chrysler: Wo die Freiheit beginnt – (39) Volkswagen: Essen, Kleidung, Wohnen, Volkswagen – (40) Jaguar: Don’t dream it. Drive it. – (41) Fiat: Leidenschaft ist unser Antrieb – (42) Skoda: Ganz schön clever.

Mehr Slogans gefällig? Zum Weiterlesen hier meine gesammelte Recherche (viele nicht für den Beitrag verwendet) inklusive weiterer kleiner Gedichte der wunderbaren “Lösung klar”-Kampagne von Goggomobil, vermutlich 1954.