Für die kleine Krise zwischendurch

Krise, ein schönes Thema. Für mich ein bisschen wie Angeln oder Fußball. Habe keine Ahnung davon, entdecke aber beim näheren Hinschauen ein faszinierendes Paralleluniversum. Im Zeitalter von Sharen und Liken will ich nicht egoistisch sein und die dort gesammelten Erkenntnisse etwa wie Krisenvorräte bunkern. Deshalb, hier, bitte sehr, die Liste der 10 wichtigsten Dinge, die ich durch die Krise gelernt habe.

1. Das wichtigste Produkt beim Kriseneinkauf ist nicht Wasser oder Mehl, sondern Toilettenpapier. Gestern kamen mir im Supermarkt Menschen mit Bergen davon auf den Einkaufswagen entgegen. Habe dann auch nochmal ordentlich zugegriffen. Unser Wächter bestätigt: „Ja, bei der letzten Wahl gab es eine echte Toilettenpapier-Notlage“. E.s Nichte sang als Kleinkind “Klopapier, Klopapier, eine Rolle schenk’ ich Dir.” Das ist jetzt unsere ganz persönliche Krisenhymne.

2. Satellitentelefone sind eine tolle Erfindung. Wir haben nun auch eins. Es sieht aus wie mein erstes Nokia-Handy von 1993, braucht 20 Minuten für die Erstverbindung und hat eine riesige Antenne, die man beim Telefonieren Richtung Himmel klappen muss. Sollte wir es nicht brauchen, werde ich als Fitness-Hantel verwenden.

3. Telefonkaskaden sind extrem hilfreich und sollen einer schnellen Kriseninformation dienen. Toll ist es, wenn die eigene Nummer auf der kurz zuvor herumgeschickten Krisenliste einen Tippfehler enthält. Vielleicht ist das ganz gut so. Wer erst gar nicht von der Krise erfährt, schont Herz und Nerven.

4. Eine echte Krise ist nicht leicht zu erkennen. Deshalb zeigt ein deutscher Online-Krisenshop die definitive Checkliste auf der Homepage:

  1. Der Strom fällt aus
  2. Der Wasserhahn tropft nur noch
  3. Der Geldautomat spuckt keine Scheine mehr aus
  4. Die Sicherheit ist nicht gewährleistet.

Sehr schön, in Kenia ist das einigermaßen normal. Oder soll das heißen, dass hier immer Krise ist?

5. In der „Herr der Ringe“ essen die beiden Helden, Frodo und Sam, auf ihrem Weg nach Mordor das sogenannte „Lembas“-Brot vom Elben-Bäcker. Ein Happen davon macht angeblich einen Erwachsenen satt. Dieses Brot gibt es wirklich. Es heißt „BP-5 Compact Emergency Food“, kommt aus Norwegen (wo ja auch die Elfen wohnen – Zufall?) und sieht aus wie ein besonders langweiliger Müsliriegel.

6. Krisen sind Ansichtssache. Meine kenianische Französischlehrerin wunderte sich, dass ich immer noch hier bin. Die meisten ihrer anderen Expat-Schüler hätten das Land längst verlassen. Sie findet das alles ridicule und sagt, wir sollten uns alle mal nicht so furchtbar anstellen.

7.  Man sollte der Krise schon im Vorfeld trotzen und positiv in die Zukunft blicken. Gestern bittet mich E. darum, im Vorbeifahren Kleidung zur chemischen Reinigung zu bringen. Wird erfahrungsgemäß am Mittwoch fertig gereinigt sein. Bin angesichts von so viel Zuversicht ganz gerührt und dichte deshalb jenen berühmten Satz um, den Martin Luther anscheinend nicht gesagt hat: „”Wenn ich wüsste, dass morgen der jüngste Tag wäre, würde ich heute noch für Dich Anzüge zur Reinigung bringen.”

8. Was, wenn die Krise nicht kommt? Alle haben sich die Speisekammern vollgestopft, Generatoren gekauft, Diesel gebunkert. Machen wir dann ein riesiges Nachbarschaftsfest mit Dosenobst, Hackfrüchten und Toilettenpapier?

9. Auch Deutschland ist auf die Krise vorbereitet – mit der „Zivilen Notfallvorsorge“ und der „Bundesreserve Getreide“. An 150 geheimen Orten lagern insgesamt 800.000 Tonnen Weizen, Hafer, Roggen, Reis, Erbsen, Linsen und Kondensmilch. Alle 10 Jahre werden die Lebensmittel ausgetauscht, gebraucht wurden sie noch nie. Geheim sind sie, weil „bei einer Veröffentlichung der Standorte der Lagerstätten (…) die Wahrscheinlichkeit, dass in einer Versorgungskrise die Lager das Ziel von Plünderungen würden, deutlich zunehmen (würde)“. (FAQ des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.)

10. Zum Schluss die beste Ansage bei jeder Art von Krise: „Keep calm and carry on“, ein Propagandaplakat der britischen Regierung von 1939 zur Hebung der öffentlichen Moral. Es wurde damals zwar millionenfach gedruckt, aber anscheinend nie öffentlich gezeigt. Ich weiß also nicht, ob es die beabsichtigte Wirkung erzielen wird, versuche es aber dennoch.