Lob der Freundlichkeit

Das soll nicht der Beginn einer Reihe von Lobgesängen werden auf Dinge, die mit „keit“ enden. Doch diese neue, kleine Begebenheit ruft einfach danach. In den Hauptrollen treten auf eine alte, beleibte Frau mit Husten, ein schmucker Parkwächter, ein Stück Rasen vor einem Supermarkt sowie die Insassen eines kleinen Cafés davor.

Nach anstrengenden Verhandlungen mit den Schreinern, die erst unseren Tisch gebaut hatten und sich nun an Regalen versuchten, brauchte ich eine Pause. Ich fuhr zum nahegelegenen Mini-Mall und ließ mich dort im kleinen Café zum Parkplatz hin nieder, bestellte einen Capuccino und ein Wasser und schaute sinnlos auf die stehenden Autos.

Von links hörte ich ein Husten. Eine alte, sehr beleibte Frau näherte sich langsam und hustete dabei ganz bedauernswert in ihr großes Taschentuch. Sie ging vorüber, in Richtung eines kleinen, schäbigen Stücks Rasen, das vor dem Supermarkt angepflanzt worden war. Dort breitete sie erst umständlich ein großes Tuch aus und setzte sich dann darauf, wohl um sich auszuruhen.

Am anderen Ende des Parkplatzes stand ein junger Parkwächter, dessen Uniform ein bisschen an die guten Zeiten on Colonel Gaddafi erinnerte. Brokatschnüre, Epauletten, glitzernde Spangen und Knöpfe, das war kein Parkwächter, das war ein Parkgeneral. Gelangweilt schaute er von links nach rechts und wieder zurück. Dann entdeckte er die alte Frau auf dem Rasen.

Er rief sie von weitem und machte die international standardisierten Handbewegungen, die bedeuteten: „Rasen betreten verboten“. Sie lächelte freundlich. Er kam näher, blieb aber erst einmal ein paar Meter entfernt stehen. Von dort sprach er sie noch einmal an. Er nannte sie „Mami“. Ich weiß nicht genau, nach welchem System Frauen Mami genannt werden. Ich glaube, es hat etwas mit Alter, Autorität und Respekt zu tun.

Also, sagte er – leider in Suaheli, ich muss es endlich lernen – Mami und noch etwas mehr. Dann kam er näher, beugte sich hinab, lächelte freundlich und schüttelte erst einmal ihre Hand. Er setzte sich neben sie und sprach mit ihr. Ich nehme an, er sagte so was wie, er verstünde ja, dass sie erschöpft sei, aber auf dem Rasen könnte sie nicht sitzenbleiben, er habe seine Befehle.

Er deutete auf das Cafe, was vermutlich heißen sollte, sie solle sich dort im Schatten auf einen Stuhl setzen. Sie schüttelte den Kopf, und ich nehme an, das sollte heißen, dass sie dann etwas bestellen müsste, was sie nicht wollte oder konnte. Ich fing schon an darüber nachzudenken, ob ich ihr vielleicht einen Stuhl anbieten sollte, oder nicht, war aber nicht schnell genug.

Vom Nebentisch erhob sich ein älterer Herr, sichtlich Geschäftsmann oder Politiker (oder beides), ging hinaus, nahm die Alte an der Hand, zog sie hoch, führte sie zu einem freien Tisch im Cafe, schob den Stuhl nach hinten und half ihr, sich hinzusetzen.

Und so schließt die Geschichte mit einem echten Happyend. Der Wächter hat seine Befehle durchgesetzt, aber ohne dabei unfreundlich zu werden. Die alte Frau hat einen Stuhl, auf dem sie sich ausruhen konnte. Der ältere Herr hat ziviles Engagement gezeigt, und auch dem Personal des Cafés schien es überhaupt nichts auszumachen, dass da eine alte Frau saß und nichts konsumieren wollte.

Nur ich war ein ganz kleines bisschen unzufrieden, dass ich so langsam reagiert habe.