Es stimmt was nicht mit dem Weihnachtsmann

Auch in Nairobi hat die Vorweihnachtszeit begonnen. Eigentlich schon seit langem. In einer der vielen Malls ziert seit Anfang Oktober rot-silberne Deko die Hallen. Die Zeitungen und Blogs quellen über mit Weihnachtsbazars und Weihnachtsangeboten. Auch ein Weihnachtskonzert ist im Angebot, genau eines. Und der Weihnachtsmann darf auch nicht fehlen. Doch wirkt die kenianische Version auf uns Europäer etwas seltsam.

Wir hatten am ersten Advent eine Familie mit zwei Kindern zu Besuch. Er war vier, sie war sechs. Das Gequatsche der Erwachsenen war ihnen nach etwa 0,3 Sekunden langweilig. Mir auch. Also spielten wir mit dem Sofa Schiff, und jedes Besatzungsmitglied war mal Koch, mal Kapitän und mal Galionsfigur. Naturgemäß geriet das Ganze außer Kontrolle und alle, außer mir, hopsten schließlich auf dem neu bezogenen Sofa herum und kreischten in Piratensprache. Es war eine Meuterei, ganz klar.

Irgendwann lehnte ich mich erschöpft zurück und überlegte, wie ich die Mannschaft wieder zur Räson bringen könnte. Da fiel mir ein, dass ich einige Tage zuvor den Weihnachtsmann fotografiert hatte. Er hatte ganz still in der Mitte eines großen Supermarktes gestanden und – jedenfalls für meine Augen – etwas seltsam ausgesehen.

Also entschied ich mich für die Ablenkung und sagte den Kindern, ich hätte da mal eine Frage. Ich zeigte ihnen auf dem Handy das Bild des Weihnachtsmanns und sagte, ich fände, mit ihm stimme irgendetwas nicht. Das war also das Weihnachtsrätsel. Was stimmt nicht mit dem Weihnachtsmann?

weihnachtsmann

Die Kinder besahen sich das Bild aufmerksam. Die falsche Hautfarbe hätte er, sagte der Junge schließlich, der sei ja ganz braun. Das Mädchen zögerte noch. Dann deutete sie auf sein Gesicht. Der Bart sei angeklebt, das ginge auch nicht. Ich hatte eigentlich auf etwas ganz anderes gewartet. Deshalb zeigte ich auf die Taille des Weihnachtsmannes und fragte, ob ihnen denn da nichts auffiele.

Sie sahen mich fragend an. „Na, er ist doch viel zu dünn!“, rief ich. Die Mannschaft reagierte verstockt. Nö, fänden sie nicht. „Aber ein Weihnachtsmann muss doch dick und rund sein“, warf ich ein. Es war zwecklos. Für diese Kinder war es offenbar ganz selbstverständlich, dass auch der Weihnachtsmann aussehen dürfe, wie frisch aus dem Fitnessstudio.

Das war bitter. Ich habe die richtige Hautfarbe, und mein Bart wird grau. Auch figürlich habe ich in den vergangenen Jahren mit großer Disziplin auf eine Karriere als Weihnachtsmann hingearbeitet. Und nun das. Genügt es denn nicht, dass Neffen ihrem Onkel keine Mails mehr schreiben, sondern in Facebook chatten wollen. Muss nun der Weihnachtsmann auch noch ein Sixpack haben?

Wohin fahren wir jetzt, fragten die Kinder, die sich vom Bild des falschen Weihnachtsmannes losgerissen hatten und wieder Schiff spielen wollten. Nichts wussten sie von meinen inneren Qualen. Dahin wo der Pfeffer wächst, sagte ich. Leinen los, schrien sie begeistert. Das Gute ist: Dorthin es ist von Kenia aus gar nicht so weit.